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Gramberger
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Ein interessantes altes Begräbnis-Tagebuch
Nach Aufzeichnungen der Lehrer Hoppe, Vater und Sohn, von 1787 bis 1861 (IV.)
Im Mai 1803 wurde die gemeinsame Benutzung der Kirche zur Tatsache, und im Juni des gleichen Jahres erfolgte die erste
Beisetzung "auf Lutherisch". Der erste, der so begraben wurde, war der Col. J. L. Sälter in Grambergen, der 2 ½ Jahre
bettlägerig gewesen war, "wo P. Franke in der Kirche die Leichenpredigt hielt", der 2. war des "Joh. Heinr. Siek in
Waltmans Kotten seine Frau".
Vor allem bei den an ansteckenden Krankheiten Verstorbenen heißt es "in der Stille begraben", doch ging der Lehrer
dann und wann mit, wahrscheinlich der "Gebühr" wegen. In der Stille, meist am Abend, wurden auch ganz kleine und
uneheliche Kinder, von denn die letzteren aus allen Bevölkerungsschichten stammten, deren Väter in einzelnen
Fällen auch "Husaren" oder "Franzosen" waren, beigesetzt. Bei den zahlreichen Armen lohnte es sich meist auch nicht,
eine öffentliche Beerdigung zu veranstalten. Sehr of sind Anmerkungen wie folgt eingetragen: geschonken, arme Leiche,
nichts, verrechnet für Dienstleistungen usw.
"Rundlieger", Armenhäusler
Nicht unerheblich ist auch die Zahl der als "Rundlieger" oder "Rundligger" bezeichneten Gestorbenen. In Armut Geratene oder
Personen, die "von Gott nicht alles an Verstand und Gemüth mitbekommen" hatten, fristeten ihr Dasein in der Weise,
daß sie von Hof zu Hof gingen, kleine Dienste verrichteten und dafür unentgeltlich Quartier und Verpflegung
erhielten. Ich selbst habe die Überreste einer solchen Lebensweise noch in Erinnerung. "Knöppels Engel", die vom
Armenhause in Krevinghausen zu dem gleichen in Grambergen hinübergewechselt war, hatte zwar einen festen Wohnsitz,
schlug sich mit Betteln durch und mußte für Lebensmittel auf den Höfen kleine Arbeiten, Kartoffeln
schälen, Bohnen ausdöppen usw. verrichten. Jede Gemeinde hatte ihr Armenhaus, oft mehr als überbelegt.
1858 starb, wie verzeichnet, "Fiening", "erste Rundlieger, dann Selbstmörder". Es wurde eine stille Leiche,
außerdem ging der Schullehrer leer aus. Die Armen hausten auch in den "Spiekern, Bachsen" und Scheunen auf den
Höfen.
Kennzeichnende Eintragungen
Mit einigem Spott bedacht war sicher die weibliche Person, deren Kind 1861 begraben wurden und von der eingetragen steht:
"Nochsoschön ihr Kind von 8 Wochen".
Einige Eintragungen kennzeichnen den älteren Hoppe besonders. Zur Beisetzung des 1709 geborenen "alten Meier zu
Ortbergen", 1796, heißt es bei ihm "Des abend habe ich Ihnen noch angesprochen und er sprach so vernünftig
und erbaulich mit mir und saß noch am Feuer, und keine Stunde bin ich weg gewesen, da ist er gestorben."
Zu dem Ableben der Eltern Puats und deren Söhnlein innerhalb weniger Wochen 1797: "So ein wohltuender Gott." 1802:
Die Westerfeldsche, eine geb. Averbecken, die einige Jahre dort gewohnt hat, welche ich, da ich ihr Vormund war, durch die
Leitung Gottes dahin beredete, ist usw. "welche ich am Charfreitag und oft besuchet habe, ist" usw. 1802: Col. Friedrich
Knackwefel zu Krevinghausen: "welchen ich in 24 Stunden 2 mahl besuchen mußte". Zum Tode des 1803 gestorbenen Col.
G. H. Meier zu Ortbergen u.a.: "Manchen Segen habe ich von diesem Leidenden vor seinem Bette erhalten, auch in seinem Leben
habe ich ihn geschätzt, sonderlich in seinen kränklichen 6 Jahren habe ich seine Geduld und Menschenliebe
vernommen. O, ein Vorbild war er an Liebe und Demut". Zu dem Tode "eines guten, unvergesslichen Schülers", Cl. Herm.
Tiemeier, 1812: Du noch selbst, Geliebter, lebest über Sternen oder schwebest mitleidsvoll um meinen Geist, der dich
ewig lieb behält. Ruhe sanft, bis Jesus kömmt und sprich, steh auf.
Wanderung durch die Waldmark
Von den Hauptsiedlungen ganz abgesehen reicht die umfangreiche Waldmark vom Gallbrink über den Suhrenbrink, Ortbergen,
das Klaferfeld, Hohenwalde, im Walde, das Siek, die Branderheide, die Feldmühle, das Stolzebrok und zurück zur
Anhöhe. 1858mal in 75 Jahren sehe ich die beiden Hoppes hinter einem Leichenwagen, einen mit 2 Pferden bespannten
Leiterwagen, auf dem strohgefüllte Leinensäcke als Sitzplatz für die nächsten Angehörigen zwischen
den Ringsen eingeklemmt sind, im langen schwarzen Rock, den sie täglich trugen, einherschreitend. Ein Vielfaches betrug
die Zahl der Kranken- und sonstigen Besuche. Als alleiniger Lehrer der Waldmarkschule mit Vor- und Nachmittagsunterricht
wäre der Tag für die beiden mit der Bevölkerung aufs engste verwachsenen, hochverdienten Schulmänner
voll ausgefüllt gewesen. 1803 wurde H. der Kantordienst in Schledehausen übertragen. Dazu mussten sie noch ihrer
eigenen Wirtschaft mit Garten- und Feldbestellen, Plaggenmähen und -holen, Holz fällen usw. vorstehen. Auch die
auf dem Schulgebäude befindliche Dorfglocke läuteten sie. Sie begleiteten die Leichen mit den Schulkindern,
mussten auch nicht selten "die Leichenrede (Parentation) thun". Wenn trotzdem das Urteil der Schulbehörde so
überaus günstig ist - Konsistorialrat Lasius bezeichnet den älteren Hoppe als den tüchtigsten Lehrer
seiner Inspektion -, zeugt das von der Gewissenhaftigkeit und dem Pflichtbewusstsein der beiden Männer, deren Namen
auch heute noch nicht ganz vergessen sind.
Adolf Westerfeld, 1954
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