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Von denen, die das Siek bewohnten

Geschichte und Geschichten um Menschen und Höfe in der Waldmark
(Kirchspiel Schledehausen) Teil IV

Im weiteren Verlauf meines Ganges durch heimatliches Gebiet möge mich der Leser auf einen anderen Vollerbenhof, die große stolze Besitzung Waldmann, begleiten. Bei dem hochbetagten Senior-Besitzer, der mit einem großen Schäferhund einhütet, habe ich einiges zu fragen. Der alte Herr kann mir leider keine Auskunft geben, besonders wohl deshalb nicht, weil er seine Jugendjahre auf einem anderen Hofe verleben mußte. Seinem Hof sieht man an, wo er vor uralten Zeiten her hingehörte. Ich berichte ihm einiges aus seiner Hofgeschichte. Im Jahre 1759, also im Siebenjährigen Krieg, kauften seine Vorfahren die zuunterst im Siek gelegenen Markkötterei Nr. 23 von Jakob Schäfer. Später ging diese Stätte in den Besitz des obern Siek Nr. 26 über, und Waldmann erwarb das ehemalige Halberbe Radenkamp oder Rodenkamp, das im Dreißigjährigen Kriege "wegen erlittenen Schadens" unter die Erbkötter gesetzt worden war. 1840 war Siek von Nr. 26 auch Besitzer von Nr. 23. Über diese Dinge konnte ich leider nicht Näheres in Erfahrung bringen.

Nachdem wir beiden ehemaligen Nachbarn uns über frühere heimatliche Verhältnisse freundschaftlich unterhalten hatten, wandte ich mich einem weiteren Gegenstand meiner Wanderung zu, der neuen schönen Teerstraße, mit der man sicher auch die Bewohner des Siek beglücken wollte. Ich denke mit Schaudern zurück an meinen langen und sehr schlechten Schulweg. Es ist inzwischen vieles besser geworden. Ich hoffte, die Siekbewohner hätten nun endlich ihre vollkommene Straße. Das war ein Irrtum. Keiner von ihnen kann die neue Straße benutzen. Sie läuft 100 bis 500 m neben ihrer alten notdürftig hergerichteten Straße her. Niemand aus dem Tal kann sie erreichen, es sei denn auf Umwegen, da die neue schöne Straße einige Dutzend Meter höher liegt als ihre Wohnhäuser, bei denen man das Schwarze im Schornstein sehen kann, wenn man sich einige Meter von ihnen entfernt. Ich hoffe aber, daß meine Landsleute im Siek im Laufe nicht zu ferner Zeit doch noch zu ihrer Teerstraße kommen. Schwierigkeiten um Paragraphen, Besitzverhältnisse und Linienführung dürften auszuräumen sein.

In der Waldmark gingen auch Voll- und Halberbe unter
Im umfangreichen Gebiet der Waldmark sind die Hauptsiedelstätten leicht als ursprüngliche dorfartige Ursiedlung zu erkenne.
Von dieser Feststellung bildet die Bauerschaft Grambergen in der politischen Gemeinde gleichen Namens eine Ausnahme. Da, wo sich die genannte Bauerschaft in der Ebene und am Gewässer ausdehnt, liegen die alten Höfe zwar etwas aneinandergerückt, ein dorfartiger Charakter ist jedoch nicht zu erkennen. Zudem haben die letzten hundert Jahre manche Veränderung mit sich gebracht, die auch sehr alte Höfe betrafen, welche die Auflockerung noch vervollständigen.

In dem hier ausgewählten Kurzbericht, der nur den unteren Teil der Bauerschaft Grambergen umfasst, sollen nur einige Veränderungen bei den alten Höfen dieses Gebietes aufgeführt werden, die nicht in unbekannte Zeiten zurückführen. Es sei hier wiederholt, daß die Waldmark in west-östlicher Richtung reicht von dem Erbe Wamhoff, bis 1781 am alten Kirchhofe in Schledehausen, über Astrup, Grambergen bis zum Eimkenort an der Grenze des Kreises Melle und in der Breite etwa dieselben Maße hat. Wer als Ortsfremder die alte Mark aufsucht, glaubt erst von der Gastwirtschaft "Zur Waldmark" an gebühre diesem Gebiet der alte Name.

Ein unaufhörlicher Wechsel auf den alten Höfen in der Nähe des genannten Geschäftshauses ist sehr auffallend. Die Aufzeichnungen im Schatzregister von 1634 geben zu erkennen, daß schon damals unter den Höfen wie fast überall in unserer Heimat, trostlose Zustände herrschten. 1634 war Vollerbe Waldmann vacat (= leer, ohne Menschen), Vollerben Rüße und Wefel ebenfalls vacat, Vollerbe Niemann abgeäußert (= vom Hofe vertrieben), nur Vollerbe Volbert bezahlte 2 Taler Schatz (Staatssteuer), Vollerbe Greiwe hatte gar wenig gesayet (= gesät), Halberbe Radenkamp wurde "wegen seines gelittenen Schadens den Erbköttern gleichgesetzt." Ich vergesse nicht, zu erwähnen, daß inmitten dieser sehr alten höfe die Erbkötterei Westerfeld Nr. 17 lag, in der genannten Liste pp. (= sehr Armer) eingetragen, die völlig verschwunden ist, nachdem mein Vater sie schon 1881 verkauft hatte, um im Sieke eine Stätte zu übernehmen.

Über Volbert, der neben Bettinghaus ein Hausgenosse des Meyerhofes in Essen war, bemerke ich, daß der Besitzer Baltz Volbert im Dreißigjährigen Kriege sich den Landsleuten anschloß, "in den Krieg lief", mit nach der "Türkey" ging und erst nach 16 Jahren, 1659, als der Krieg längst zu Ende war, auf seinen Hof zurückkehrte. Er erhielt von seinem Gutsherrn, dem Landesherrn, nach der Rückkehr den Freibrief.

Etwas über das Schicksal der genannten Höfe vor 50 bis 100 Jahren: Wefel, zwischen Volbert und Niemann gelegen, wurde, wie ich hörte, wegen schlechter Wirtschaft verkauft, und die Nachbarn teilten sich die Ländereien. Die Bezeichnung "Wefels Garten" ist noch heute landläufig. Niemann wurde etwas später von seinem Besitzer aufgegeben und ging nach Amerika. Bis zu seiner vorübergehenden Rückkehr in seine Heimat, war der Hof verpachtet. Da er ohne Frau und Kinder, ohne Vieh und Ackergerät, die Wirtschaft wieder übernahm, ging es mit seinem Hofe schnell zu Ende. Mein Vater fühlte sich als entfernt Verwandter verpflichtet, ihm seinen Acker zu bestellen. Mein als Altbauer noch lebender Bruder wurde als eben schulentlassener mit dieser Arbeit beauftragt. Er bekam aber jeden Tag Sauerkohl zu essen, den der alte N. selbst kochte. Er weigerte sich, die Arbeiten weiter auszuführen. Noch heute erinnert sich der jetzt 88jährige, damals sehr junge Ackersmann, daß der Amerikabauer N. in Schledehausen bei B. Stoff zu einem neuen Anzug kaufte, der ihm aber zu hell ausgefallen war. Er kaufte sich Bläue, die man wohl dem Kalk zum Weißen zusetzte, färbte seinen neuen Anzug damit, hängte ihn auf die Hecke, und dann war es ganz aus mit dem Sommeranzug. Nach dem vorübergehenden Hofkäufer Maschmeyer in Schledehausen erwarb den alten Vollerbenhof Linkemeyer aus Meesdorf bei Buer, der für einen weiten Sohn einen Hof in Astrup kaufte.

Das Vollerbe Rüsse fiel ebenfalls um die Jahrhundertwende auseinander. Das Wohnhaus lag etwa an der Stelle, wo sich das Geschäft Jürgens ("Zur Waldmark") befindet. Den Untergang der großen Stätte habe ich noch erlebt. Der letzte Besitzer landete in dem Wohnhause meiner Vorfahren (Nr. 17) und überließ die Hofreste mit Wohnhaus dem Tischler, später Gastwirt G. Ziegemeyer. Dieser hatte seit Jahren auf Nr. 17 gewohnt.

In diesem Winkel der Waldmark war der Wechsel der Stätten so groß, daß nur der Eingeweihte sich in den alten Zeiten zurechtfindet.

Adolf Westerfeld, 1962
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Stand: 09. November 2005