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Pockenschutzimpfung schon im 18. Jahrhundert

Die letzten Jahre der Pockenepidemien im Bereich der Waldmarkschule
- Nach Lehrer Hoppes Begräbnistagebuch

Nach der Mitte des 18. Jahrhunderts setzten sich die Markgenossen Averbeck und Mönkehof sehr nachhaltig für die Einrichtung der Waldmarkschule in Astrup ein. Die beiden ersten Lehrer dieser Schule, Vater und Sohn, hießen Kienker, Nachdem der zweite Kienker wegen Unfähigkeit entlassen war, folgten zwei Lehrer, wieder Vater und Sohn, mit Namen Hoppe. Besonders der ältere Hoppe stand in hohem Ansehen nicht nur in der Schulgemeinde, sondern auch bei der damaligen geistliche Schulbehörde. Beide Hoppes haben vom Jahre 1787 an der Waldmarkschule durch 75 Jahre hindurch mit großer Gewissenhaftigkeit vorgestanden, so daß ihre Namen noch heute nicht ganz in Vergessenheit geraten sind. Vater und Sohn Hoppe lebten unter den sehr ungünstigen Verhältnissen des damaligen Schul- und Lehrerlebens. Ihre Einkünfte setzten sich vornehmlich zusammen aus den Einnahmen von den Schulländereien, dem Schuldgeld der Kinder und den Gebühren für Begräbnisse. Über die letzteren führten beide Hoppes sehr sorgfältig Buch. über das noch vorhandene sehr interessante Begräbnistagebuch habe ich vor längerer Zeit an dieser Stelle eingehend berichtet. Heute sei auf die Eintragungen über die letzten großen Pockenjahre im Schulbezirk Astrup ausführlich hingewiesen.

Was sagt nun das Hoppesche Tagebuch über die Sterbefälle durch Pocken in den Jahren 1787 bis 1791 und dem Jahr 1797, den letzten schweren Seuchenjahren, denen 31 Kinder im Schulbereich zum Opfer fielen? Hier die Eintragungen im Begräbnisbuch.

1787:
1. Mittelbüscher, Deitinghausen, Blatter, 14. April, mit diesem machten die Pocken im Kirchspiel den Anfang
2. Col. Rüssen, Tochter in Grambergen, 18. Juni, hatte vor einigen Jahren sein Gesichte (= Augenlicht) in Blattern verloren.
3. Des Col. Dieckmanns Tochter, Astrup, 29. Juni, 7 Jahre, 14 Tage die Pocken, unversehens befallen.
4. Des Brinkmann, Müller zu Hittinghausen, sein klein Töchterlein, 14. Juli, welches kläglich in Blattern lag.
5. Des Brinkmann, Müller, sein Söhnlein, 14. Juli, in den häßlichen Blattern, 2 Jahre (zwei Kinder an einem Tag).
6. Joh. Ludwig Waltmann, Grambergen, 14. Juli, in den häßlichen Blattern, 11 Jahre
7. Des Brandts Tochter Gertrud sein Kind, 26. Juli, auch in Blattern
8. Des Col. Niemann zu Grambergen sein ältester Sohn, 27. Juli, nachdem er die Pocken glücklich überstanden, kriegte er ein Schwellen und starb.
9. Des Col. Lammerbarth sein Töchterlein, 31. Juli, von Blattern befallen und darinnen gestorben.
10. Dem Col. Radenkampf sein kleinste Töchterlein, 2. August, in Pocken
11. Des Bartel zu Astrup sein Sohn, 13. September, welcher 9 Tage die Blattern gehabt.
12. Dienstag abend, 11 Uhr, starb noch in den häßlichen Blattern des Col. Barth zu Hittinghausen sein kleinster Sohn, 27. November, 4 Jahre, häßliche Blattern.

1788:
13. Des Heinrich vorm Felde in Heckets Dreschhause sein Sohn von 4 Jahren ist noch in häßlichen Blattern gestorben, 29. Febr.

1791:
14. Des Müller Brinkmann sein Sohn Heinrich Wilhelm von 3 Jahren starb nachdem er die Blattern glücklich überwunden hatte, in einer schwächlichen Folge derselben, 24. Mai, 3 Jahre

1798:
15. Loheiden Frau Söhnlein-Pocken. Hier bemerkt Hoppe: Unsere beiden kleinen Töchters hatten wir zu der Zeit die Pocken einpfrossen lassen, welche sind leicht und glücklich durchgekommen
16. Des Col. Overbecken seyn Töchterlein, welches wieder seyn einziges war, ist in den sehr häßlichen bösen Blattern, welche dasselbe sehr viele und schlechte hatte, in denselben am Donnerstanachm. darinnen in seinem 3 jahr gestorben und am Sonnabend als d. 17. März begraben. "O welch eine betrübliche Leiche für Eltern und angehörige". Hier Hoppes Bemerkung wie vor: "Unsere beyden Kleinen hatten wir die Pocken einpfrossen lassen und fast waren die Blattern in allen Häusern, wo Kinder waren."
17. Des Adam Möller in Beinkers Kotten sein klein Söhnlein von 2 J. ist in den häßlichen Pocken, nachdem es viel darinnen ausgestanden, am Mo. gestorben.
18. Des Dieterich Riepe in Ottings bachse (= Backhaus) seyn klein Söhnlein, 30. März.
19. Des Col. Barth zu Hittinghausen seyn klein Töchterlein ist auch in häßlichen Blattern gestorben.
20. Des Brüggemann in Kochs Hause seyn klein Christian waren mit unseren und den andern Kindern (aus der Nachbarschaft der Schule) die Pocken eingepfrosst, welches alles sehr glücklich gegangen war.
21. Des Gerhard Bös in Radenkampfs Kotten seyn klein Söhnlein von 4 Wochen, 5. April. Pocken.
22. Des Diederich Riepe in Ottings Bachse seyn Söhnlein von 6 Jahren, ist auch in den häßlichen Blattern, nachdem es darinnen viel ausgestanden, am Grün Do. gest. und Sonnabend vor O. begraben, Pocken.
23. Des Col. Mittelbüscher seyn klein Söhnlein, welches so elend in Blattern gelegen, ist auch darinnen gestorben u. am 20. April begraben
24. Des Col. Klefoth zu Westrup seyn Töchterlein von 4 J. ist auch, nachdem es 5 Wochen in den Blattern so elend gelegen, darinnen am Sonntag gest.
25. /26 Auch sind dem Schmied Knost in Westrup zwey Kinder in den Blattern gest., welche seyn Schwiegervater Bergmann gesungen, aber mir wäre zugekommen
27. Des Col. Laumann seyn Sohn von 8 Jahren, ist nach einer Folge von den kläglichen Pocken, welche er vor 11 Wochen schon kriegte, nun nach einem langwierigen und schmerzlichen Leiden, den 2. März gest., 4 März begr.
28. Des Col. Wefel zum Felde seyn Söhnlein von 13 Jahren, kriegte ienen kläglichen zufall, als einen Schlagfluß, daß er darauf unter 2 vierundzwanzig Stunden (= 48 Stunden) sein Geist mußte aufgeben.
29. Des Col. Huckerieden ist auch ein Kind in den Blattern gest., welches Bergmann besunden, aber mir hätte zugekommen.
30. Dem Gerh. Schleybaum in Knackwefels Kotten ist klein Kind an den Folgen der Blattern gest.

1838:
31. Col. Höckmann in Pocken gest.

1842:
32. Sälters Sohn in Pocken gest.

So verliefen die letzten furchtbaren Jahre der Pockenerkrankungen im Bereich der Waldmarkschule. Wo Kinder waren, stellte sich die Seuche ein, und der Tod forderte seine Opfer. In kurzer Zeit starben dem Müller Brinckmann 4 Kinder und dem Mittelbüscher in Deitinghausen 3. Viel Not kam wahrend der krankheit über die Kinder, die durch die Anmerkungen Hoppes "kläglichen Zufall, häßliche Blattern, elend in Blatter, viel darinnen ausgestanden, häßliche, böse, viele und schlechte Blattern, grassierende Pocken, unversehens befallen" geschildert wird. Aus den Bemerkungen des älteren Hoppe geht hervor, daß die ersten Schutzimpfungen gegen Pocken in unserer Heimat schon vor dem Jahre 1800 mit Erfolg durchgeführt wurden. Wie Hoppe die Impfung an seinen eigenen Kindern durchführen ließ, ist mir bis heute leider ungekannt. Ein englische Wundarzt impfte im Jahre 1796 einen achtjährigen Knaben mit der Lymphe von einer an Pocken erkrankten Kuh, die auch heute noch gebraucht wird. Das heutige Serum ist lediglich eine verfeinerte Gewebskultur. Eine Konservierung des Impfstoffes war damals noch nicht bekannt. Wenn Fürsten und Könige sich impfen lassen wollten, so brachte der Arzt pockenkranke Menschen mit, die mit Kuhpocken geimpft waren, denen der Impfstoff entnommen wurde.

Während des Krieges 1870'71 brach noch einmal eine Pockenseuche über Europa herein. 10 000 Franzosen fielen in diesem Krieg, 20 000 starben an Pocken.

Als ich zum erstenmal in dieser Zeitung über Hoppes Tagebuch berichtete, richtete ich an die Leser die Bitte, mir bei der Aufklärung über den Ausdruck "einpfrossen" behilflich zu sein. Ich wiederhole hiermit diese Bitte.

Adolf Westerfeld, 1962
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Last update: October 3rd, 2004