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Von denen, die das Siek bewohnten

Geschichte und Geschichten um Menschen und Höfe in der Waldmark
(Kirchspiel Schledehausen) Teil II

Wie es kommt, daß ich im Sieke geboren wurde
Von uralten Zeiten her bewirtschafteten meine Vorfahren eine kleine, von den Vollerben Greiwe und Rüsse abgetrennte Erbkötterei Nr. 17 unten in Grambergen. Ich gebrauche an dieser Stelle mit Absicht die Bezeichnung Vorfahren, nicht Vorväter. In noch völlig übersehbarer Zeit starb meine Blutlinie auf der alten Stätte völlig aus, und deren Name ging auf die neuen aufgeheirateten Menschen über. Zumeist durch Kriege verursacht, würde die überwiegende Zahl meiner Leser in ihrer Ahnenreihe den gleichen Vorgang feststellen können. Zwei Wege standen rührigen Erbköttern offen, ihren Tätigkeitsdrang zu befriedigen: eine handwerkliche Tätigkeit auszuüben oder sich aus der gemeinen Mark so viel Grund und Boden anzueignen, wie in der üblichen Weise zu erreichen war. Dieser Markengrund lag bei uns weitab vom Hofe, war schwer zu erreichen und etwa 4 bis 5 Maltersaat groß. Er grenzte an die Ländereien des Siekbewohners Nr. 26. Diesem Siek ging es in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wirtschaftlich sehr gut. Er war Landwirt, Bäcker und Gastwirt und verkaufte auf den Jahrmärkten landwirtschaftliche Geräte wie Wannen, Siebe, Flegel, Flegelhüte und andere Dinge. Dazu besaß dieser Siek einen Kalkofen. Infolge der Wohlhabenheit heirateten die Sieks-Töchter auf große Vollerbenhöfe wie Bückendorf in Eiken bei Melle, Reinert in Wulften, Tellmann in Deitinghausen und Döhrmann in Hiddinghausen. Aber der Reichtum auf dem Stammhof war nicht von Dauer. Im Jahre 1881 mußte Siek seine Stätte verkaufen und wanderte nach Amerika aus. Die unmittelbare Nachbarschaft zu meines Vaters Markenländereien veranlasste diesen, die recht umfangreiche Markkötterei Nr. 26 zu kaufen, obwohl die Haus- und Verkehrslage ungünstig waren. hier füge ich eine Familienerinnerung ein, für die sich der eine oder andere interessieren wird. Die erwähnte Sieks-Tochter Marie Elisabeth brachte in ihrer Aussteuer ein handgewebtes Gerstenkorntischtuch auf Döhrmann Stätte, deren Tochter Marie Dorothea überbrachte es durch ihre Heirat auf Lammerst Stätte, ihre Tochter (meine Mutter) überführte das Tuch im Hochzeitskoffer in mein elterliches Haus, Erbkotten Nr. 17 unten in Grambergen, und beim Kauf der Siekschen Stätte gelangte das Leinenstück im Jahre 1881 an seinen Ursprungsort zurück. Es wird in Ehren gehalten und nur bei besonderen Gelegenheiten gebraucht.

Das Armenhaus in Grambergen einst und jetzt
Wer am steilen Hang in östlicher Richtung das Siek verlässt, befindet sich schon nach wenigen Schritten auf einer hochgelegenen Ebene mit den Ackerbreiten des Siek von Nr. 26. Jenseits am Waldrande zählen wir abermals ein halbes Dutzend Wohnhäuser. Sie liegen in der Branheen. Geschrieben findet man den Namen auch Branheide oder Branderheide. Heide hat dort aber niemand mehr gesehen. Sie wird aber ehemals vorhanden gewesen sein. Eins von den Häusern, die alle in bester Ordnung sind, macht einen besonders gepflegten Eindruck. Es ist das Wochenendhaus eines Osnabrücker Arztes und war in meinen Kinderjahren das Armenhaus der Gemeinde Grambergen. Das Gebäude befand sich ehemals in schlechtem Zustand und war vollgepfropft von Männern und Frauen, die von der Gemeinde unterhalten werden mussten. Soweit diese noch einigermaßen arbeitsfähig waren, gingen sie auf die benachbarten Höfe, bettelten und wurden dort ihren Kräften entsprechend beschäftigt und mit Nahrung und Kleidung versehen. Eine Frau, "die im Kopf nicht alles beieinander" hatte, sehe ich in meinem Elternhause noch im Flett sitzen, wo sie Bohnen ausdöppte oder Kartoffeln schälte. Einen alten Mann kann ich mir heute noch vorstellen, der am Silvesterabend hinter unserem Fenster mit geradezu Mitleid erregender Stimme die Hausgenossen durch den Choral "Das alte Jahr vergangen ist" zu erbauen versuchte. Ein anderer Insasse des Armenhauses schnitt sich selbst seine Haare ohne Spiegel, am Sonntagnachmittag vor seiner Haustür am Graben sitzend.

Diese Zeiten sind lange vorbei. Das Armenhaus kaufte ein Schneidermeister aus der Gemeinde, der viel Kosten und Mühe aufbrachte, um das an und für sich noch nicht besonders gebrechliche Gebäude in Ordnung zu bringen. Heute ist, wie gesagt, der Arzt Dr. K. aus Osnabrück Hausbesitzer des ehemaligen Kottens von Barth-Hiddinghausen. Er brachte das Haus in einen mustergültigen Zustand und schonte nach Möglichkeit alte Formen, Einrichtungen, Inschriften u. a. Wenn mich mein Weg dann und wann an dem Schmuckkasten vorbeiführt, halte ich meine Schritte an und Freue mich über die Art, wie nett ein altes Haus aufgearbeitet werden kann, damit es weiterhin in die Landschaft passt.

Adolf Westerfeld, 1962
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Last update: October 3rd, 2004